Beschlussantrag:
1. Von der Digitalisierungsstrategie für das Landratsamt Main-Tauber-Kreis wird Kenntnis genommen.
2. Die für die Umsetzung notwendigen Maßnahmen und Projekte sind zeitnah umzusetzen.
3. Dem Kreistag ist regelmäßig über den aktuellen Stand zu berichten.
4. Die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen sind in den jeweiligen Haushaltsplänen einzuplanen.
1. Sachverhalt:
Das Thema Digitalisierung durchdringt immer mehr alle Lebensbereiche. Bürger, Firmen und auch die öffentliche Verwaltung sehen sich mit neuen Chancen, aber auch mit Herausforderungen konfrontiert. Wie im Rahmen einer Befragung von Behördenleitern in Deutschland ermittelt wurde, stehen mit knapp 60 Prozent die Weiterentwicklung von eGovernment und Maßnahmen der Digitalisierung klar an der Spitze der zentralen Herausforderungen. Da die Digitalisierung alle Lebensbereiche und somit auch die öffentliche Verwaltung betrifft, werden sich auch Staat und Verwaltung entsprechend umgestalten müssen, um den veränderten Anforderungen der Bürger und Unternehmen zu entsprechen.
Das Landratsamt Main-Tauber-Kreis stellt sich dieser Herausforderung, um die Chancen, die mit der digitalen Transformation einhergehen, bestmöglich für seine Kunden und sich nutzen zu können. Über den aktuellen Stand der Digitalisierung im Landratsamt sowie die geplante Vorgehensweise wurde bereits im Gremium berichtet. Im Dezember 2018 wurde von der CDU-Fraktion der folgende Antrag gestellt:
„3. Digitale Agenda
der Kreisverwaltung: Bisher wurde von der Verwaltung lediglich ein
Sachstandsbericht abgegeben. Im Haushalt 2019 sowie in der mittelfristigen
Finanzplanung sind jährlich Mittel von über 300.000 Euro eingestellt. Es wird
die Aufstellung eines Masterplans Digitalisierung der Kreisverwaltung zur
Beschlussfassung im Kreistag gefordert, der u.a. den Kostenrahmen sowie die
zeitliche Umsetzung darstellt.“
Eine detaillierte Dokumentation des gesamten Projektverlaufs Digitalisierung im Landratsamt Main-Tauber-Kreis findet sich in der Anlage 1 zu dieser Vorlage. Ein genauer Zeit- und Maßnahmenplan inklusive Kostenübersicht im Zeitverlauf findet sich in der Anlage 2. Im Folgenden werden die wesentlichen Erkenntnisse kurz zusammengefasst.
Die Digitale Transformation der Verwaltung ist kein Selbstzweck, sondern soll Mehrwerte für Bürger, Firmen und Mitarbeiter schaffen. Durch eGovernment kann der Umgang mit Behörden schneller, effizienter, bequemer, transparenter und kostengünstiger werden. Digitalisierung ermöglicht Kollaboration, Transparenz und Partizipation nach intern und extern und trägt so ganz wesentlich zur Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit bei.
Die Verwaltung steht im Grunde nicht vor der Frage, ob Sie
die digitale Transformation in ihrer eigenen Organisation umsetzen möchte oder
nicht. Vielmehr ist es aufgrund der Erwartungen von Bürgern und Kunden sowie
des sich rasant verändernden Technologiemarktes dringend erforderlich, dass die
Verwaltung sich verändert und sich anpasst, damit sie nicht die Anschluss
verliert.
1.1 Rechtliche
Rahmenbedingungen
Die zunehmende Bedeutung von Digitalisierung und eGovernment macht sich auch in der steigenden Anzahl von Gesetzen, Richtlinien und sonstigen Bestimmungen in diesem Bereich bemerkbar. Inzwischen liegen bereits einige EU-Richtlinien und Verordnungen vor, die europaweit verbindliche Vorgaben zu den Themen Digitalisierung und eGovernment machen und in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Aber auch bei Bund und Ländern entwickeln sich zunehmend rechtliche Vorgaben für die Bereiche Digitalisierung und eGovernment. Folgende wesentliche rechtliche Rahmenbedingungen sind unter anderem in Deutschland zu beachten:
§ E-Government-Gesetz (Bund) / E-Government-Gesetz BW
§
E-Rechnungs-Verordnung
§ E-Justice-Gesetz
§ Onlinezugangsgesetz
Eine ausführliche Erläuterung der einzelnen relevanten Regelungen findet sich in der Projektdokumentation in Anlage 1 ab Seite 8.
1.2 Organisation/Projektteam
Im Landratsamt Main-Tauber-Kreis wurde ab 1. Februar 2018 die Stelle der Digitalisierungsbeauftragten geschaffen. Sie ist als Stabsstelle direkt dem Dezernenten für Personal und Finanzen (Dezernat 1) zugeordnet. Dem Dezernat 1 gehören außerdem unter anderem die Ämter für Informationstechnologie sowie für Kreistag und Organisation an. Insofern sind die Voraussetzungen für eine optimale Vernetzung im Bereich Digitalisierung gegeben.
Das Thema Digitalisierung wurde bewusst in Form einer Stabsstelle in die Aufbauorganisation integriert. Diese Organisationsform gewährleistet die notwendige Unabhängigkeit und den entsprechenden Einfluss, der für die Umsetzung der Digitalisierung erforderlich ist. Die Digitalisierung betrifft alle Aufgabenfelder der kommunalen Verwaltungen, interne sowie externe Prozesse. Insofern ist eine ganzheitliche, strategische Steuerung des Prozesses unabdingbar. Hierfür schafft die entsprechende organisatorische Umsetzung als Stabsstelle die erforderlichen Voraussetzungen.
Die Stabsstelle Digitalisierung besteht aus zwei hauptamtlichen Mitarbeitern. Projekt- und anlassbezogen werden weitere Mitarbeiter eingebunden. Außerdem wurden eine Lenkungsgruppe und eine Arbeitsgruppe Digitalisierung gegründet. Die Lenkungsgruppe ist zuständig für die strategische Ausrichtung und grundlegende Entscheidungen, wohingegen die Arbeitsgruppe eher für operative Aufgaben herangezogen wird. Die Lenkungsgruppe wird regelmäßig einmal im Monat von der Digitalisierungsbeauftragten über den aktuellen Stand des Projektes informiert. Die Arbeitsgruppe trifft sich bei Bedarf.
Um die Digitalisierung auch in die Breite zu tragen und in den einzelnen Fachämtern zu steuern, wurde für jedes Amt mindestens ein Digitallotse benannt. Als dezentrale Ansprechpartner in den Fachämtern werden sie entsprechend geschult.
1.3 Status Quo der
Digitalisierung im Landratsamt Main-Tauber-Kreis
Im Landratsamt Main-Tauber-Kreis wurde der Status Quo der Digitalisierung im Rahmen einer systematischen schriftlichen Befragung des Landrats und ersten Landesbeamten sowie aller Dezernenten, Amts- und Eigenbetriebsleiter und Geschäftsführer erhoben. Es zeigte sich, dass das Landratsamt bereits seit etlichen Jahren in den verschiedensten Bereichen Digitalisierungsprojekte umgesetzt hat.
2006 Einführung Dokumentenmanagementsystem Regisafe
2007 Freischaltung Geoinformationssystem (GIS) zur Nutzung durch alle Bürger
2011 Online-Bewerbermanagement
2014 digitaler Sitzungsdienst.
Auch wurde deutlich, dass bereits ein Großteil der Ämter häufig in Regisafe arbeitet und weniger häufig auf den persönlichen und Gruppen-Laufwerken. Sämtliche Ergebnisse der Erhebung finden sich in der beigefügten Projektdokumentation (Anlage 1, ab S. 19).
1.4 Zielsetzung der
Digitalisierungsstrategie
In einem Strategieworkshop Anfang September 2018 wurden dann unter großer Beteiligung diverser interner und externer Zielgruppen strategische Handlungsfelder für das Landratsamt erarbeitet. Aus diesen Handlungsfeldern leitete die Arbeitsgruppe Digitalisierung am darauffolgenden Tag jeweils strategische Ziele, Messgrößen, Zielwerte und konkrete Maßnahmen zur Zielerreichung ab. Zu den strategischen Zielsetzungen gehörten zum Beispiel:
§ die kontinuierliche Personalentwicklung zum Thema Digitalisierung
§ die einheitliche Nutzung von Regisafe im gesamten Landratsamt
§ die Erhöhung der Nutzung der Online-Dienstleistungen
§ sowie die Steigerung der Kundenzufriedenheit.
Alle strategischen Ziele inkl. Messgrößen, Zielwerten und Maßnahmen finden sich in der Projektdokumentation (Anlage 1, ab S. 59).
1.5 Masterplan
2019-2025
Der Masterplan Digitalisierung beinhaltet einen zeitlichen Horizont von 2019 bis 2025. Er stellt die einzelnen Projekte im Zeitverlauf dar sowie die damit verbundenen konkret anfallenden jährlichen Kosten. Details finden sich im Masterplan in Anlage 2 dieser Vorlage.
Umsetzung der rechtlichen Vorgaben:
ü bis Ende 2021 Einführung elektronischer Rechtsverkehr mit Gerichten
ü bis Ende 2020 Einführung E-Rechnung
ü bis Ende 2022 Angebot aller Verwaltungsleistungen des Landratsamtes, die man digital abbilden kann, auch digital
Es ist weiterhin geplant, nach und nach die E-Akte in allen Fachämtern des Landratsamtes einzuführen. 2018 startete die Einführung in einem Pilot-Sachgebiet im Amt für Pflege und Versorgung. Da aktuell zunächst sämtliche Grundlagen für die Einführung der elektronischen Aktenführung geschaffen werden müssen, nimmt dieser Prozess im Pilotamt viel Zeit in Anspruch. Es ist davon auszugehen, dass – sollten die Grundlagen einmal geschaffen worden sein – der gesamte Prozess schneller verläuft und ca. 2-4 Fachämter im Jahr umgestellt werden können. Parallel zur Einführung der E-Akte sollen in den einzelnen Fachämtern auch einzelne Dienstleistungen (interne und externe) digitalisiert werden.
Ein weiteres erklärtes Ziel des Landratsamtes ist es, einen vollständigen Katalog aller internen und externen Dienstleistungen des Landratsamtes zu erstellen und diesen dann auf der Homepage bzw. im Intranet abzubilden. Hierzu wurden im Rahmen der Befragung im Jahr 2018 alle Dienstleistungen der Fachämter erstmalig erhoben und aufgelistet. In 2019 sollen die Dienstleistungen, die bereits auf der Homepage aufgeführt werden, anhand dieser Erhebung ergänzt und aktualisiert werden. Bis Ende 2020 sollen für alle externen Dienstleistungen, die noch nicht auf der Homepage abgebildet wurden, Dienstleistungsbeschreibungen angefertigt werden, die dann auf die Homepage übernommen werden. Im Jahr 2021 sollen auch für die internen Dienstleistungen Beschreibungen angefordert und entsprechend im Intranet hinterlegt werden.
Als weitere Projekte können die Einführung einer Terminvereinbarungssoftware sowie die Einführung von E-Payment-Lösungen genannt werden. Außerdem sind alle speziellen Digitalisierungsprojekte der Fachämter nicht in dem Masterplan Digitalisierung erfasst. Letztere laufen ebenfalls parallel. Außerdem wird über den gesamten Projektzeitraum ein umfassendes Schulungskonzept umgesetzt.
3. Finanzielle
Auswirkungen
Die Kalkulation der jährlich anfallenden Kosten gestaltet sich äußerst schwierig, da die Kosten von diversen externen und internen Faktoren abhängig sind. Zum jetzigen Zeitpunkt kann z.B. nicht abschließend beurteilt werden, wie viele der über 100 Fachverfahren des Landratsamtes über eine Schnittstelle an das Dokumentenmanagementsystem (DMS) Regisafe angebunden werden müssen. Wenn es die Schnittstelle zwischen Fachverfahren und DMS schon gibt, sind die Kosten genau bezifferbar; wenn die Schnittstelle erst noch programmiert werden muss, können die Kosten nicht abgeschätzt werden, da sie am individuellen Aufwand des Programmierers festgemacht werden.
Außerdem ist aktuell noch nicht geklärt, wie die Ziele des Online-Zugangsgesetztes, über 500 Dienstleistungen bis 2023 zu digitalisieren, genau umgesetzt werden und welcher personelle und finanzielle Aufwand dabei auf die Kommunen entfällt. Dies sind nur ein paar Beispiele für Faktoren, die die Kosten beeinflussen können.
In der Anlage 2 findet sich eine erste grobe Kalkulation der Stabsstelle Digitalisierung, die die voraussichtlich anfallenden Kosten aufzeigt. In diesen Kosten sind die Personalkosten für die Leitung und die Mitarbeiter der Stabstelle Digitalisierung sowie die Stellenanteile in den Bereichen Organisation und IT enthalten. Außerdem bewirkt der zunehmende technologische Wandel und die Einführung von neuer Hard- und Software sowie von zusätzlichen Software-Modulen, dass die gesamte IT-Infrastruktur des Landratsamtes angepasst werden muss.
Zu beachten ist, dass die Kosten auf drei Budgets verteilt sind: Personal, IT und Digitalisierung. Außerdem fallen die Kosten ab dem Jahr 2019 nicht erstmalig an, sondern sind zum Teil schon in den Vorjahren entstanden. Die Kostensteigerung kann man im Vergleich der einzelnen Jahre erkennen.
Die aktuelle Kostenkalkulation muss – generell aber insbesondere aufgrund der oben genannten Unwägbarkeiten – laufend evaluiert und überwacht werden. Dem Kreistag wird in regelmäßigen Abständen berichtet und die aktuelle Entwicklung der Kosten vorgelegt, ebenso wie aktualisierte Kostenplanungen. Die Schnelligkeit und Intensität, mit der die Digitalisierung im Landratsamt Main-Tauber-Kreis umgesetzt wird, hängt grundsätzlich davon ab, in welchem Ausmaß die personellen, finanziellen und sächlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Dies hat natürlich großen Einfluss darauf, ob die Digitalisierung erfolgreich umgesetzt wird, bzw. ob die in den Strategieworkshops gesetzten Ziele fristgerecht bzw. überhaupt erreicht werden.
gez. Katharina Gabriel, Leitung Stabsstelle Digitalisierung
gez. Torsten Hauck, Dezernent für Personal und Finanzen
Anlagen
§ Digitale Agenda
(Projektbericht Stabsstelle Digitalisierung)
§ Masterplan Digitalisierung
(Excel-Übersicht Projekte und Kosten)