Betreff
Regionale Schulentwicklung an den Beruflichen Schulen im Main-Tauber-Kreis
Vorlage
S-KT/308/2017
Aktenzeichen
200.311
Art
Sitzungsvorlage S-KT

Beschlussantrag:

 

Der Ausschuss für Soziales, Bildung, Kultur und Verkehr empfiehlt, der Kreistag beschließt:

 

  1. Vom nachfolgenden Bericht zur Regionalen Schulentwicklung wird Kenntnis genommen.

 

  1. Die Grundstruktur der drei Beruflichen Schulstandorte mit drei Schulen in Bad Mergentheim, zwei Schulen in Tauberbischofsheim und dem schultypenübergreifenden Verbund in Wertheim bleibt bestehen und ist zugleich Leitlinie für die kommende Schulpolitik.

 

  1. Die hierzu notwendigen sächlichen und baulichen Investitionen werden ermittelt und dem Kreistag jeweils zur Entscheidung vorgelegt.

 

1. Sachverhalt:

 

A.     Ausgangssituation

 

Zum 1. August 2014 ist die Änderung des Schulgesetzes mit neuen Regelungen zur regionalen Schulentwicklung - § 30a ff. Schulgesetz (SchG) in Kraft getreten. Die Einzelheiten der regionalen Schulentwicklung an beruflichen Schulen sind durch eine Rechtsverordnung des Kultusministeriums vom 26.03.2015 geregelt.

 

Die Rechtsverordnung legt Mindestschülerzahlen (16 Schüler/Klasse; 8 Schüler in der Sonderberufsschule) für die Einrichtung und Aufhebung der verschiedenen beruflichen Bildungsgänge fest.

Da die Mindestschülerzahl in einigen Bildungsgängen im Main-Tauber-Kreis im Schuljahr 2015/16 nicht erreicht werden konnte, hat das Regierungspräsidium Stuttgart im Rahmen der Regionalen Schulentwicklung im Januar 2016 für 15 Bildungsgänge sog. Schulhinweisverfahren - überwiegend im dualen Bereich - eröffnet.

Das Hinweisverfahren besagt, dass bei gleichbleibender niedriger Schülerzahl (weniger als 16 Schüler/-innen) das betroffene Schulangebot nach drei Jahren geschlossen werden muss (§ 3 Abs. 1 RSEbSVO).

An den Beruflichen Schulen im Main-Tauber-Kreis wurden für die nachfolgend genannten Bildungsgänge Hinweisverfahren eröffnet:

 

Gewerbliche Schule Bad Mergentheim

Ø  Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk (Fleischerei)

Ø  Fleischer/-in

Ø  2-jährige Berufsfachschule Metalltechnik

 

Gewerbliche Schule Tauberbischofsheim

Ø   Maler/-in und Lackierer/-in

Ø   Industriemechaniker/-in

Ø   Metallbauer/-in -Konstruktionstechnik

Ø   Technische/r Produktdesigner/-in – Maschinen- und Anlagenkonstruktion

Ø   Einjährige Berufsfachschule Farbtechnik und Raumgestaltung

 

 

Berufliches Schulzentrum Wertheim

Ø  Kaufmann/-frau im Einzelhandel

 

Kaufmännische Schule Tauberbischofsheim

Ø       Kaufmann/-frau für Büromanagement          

Ø       Industriekaufmann/-frau         

Ø       Sekretäranwärter/-in für nichttechnischen mittleren Verwaltungsdienst                  

 

Schule für Ernährung. Pflege. Erziehung. Bad Mergentheim

Ø  Hauswirtschafter/-in

Ø  Koch/-Köchin

Ø  Sonderberufsschule Ernährung und Hauswirtschaft

 

Das Hinweisverfahren kann abgewendet werden, sofern die Mindestschülerzahl von 16 Schüler/-innen in einem Schuljahr erreicht wird. Sofern dies nicht gelingt, ist nach drei Jahren eine Ausnahmeregelung beim Regierungspräsidium Stuttgart zu beantragen.

Bei weiterhin niedriger Schülerzahl unter 16 Schülern wird dieser Bildungsgang geschlossen, sofern das Kultusministerium keine Ausnahmegründe anerkennt.

 

Folgen der Schließung von Bildungsgängen wären aus Sicht der Landkreisverwaltung:

 

Ø  Ausdünnung des Bildungsangebots im ländlichen Raum

Ø  Besuch von Schulen in umliegenden Landkreisen („Abwanderung“) oder

Ø  Änderung der Entscheidung über den Ausbildungsberuf

 

Fazit: Der Fachkräftemangel würde verstärkt!

 

 

B.     Lösungsvorschläge - Szenarien


Zur Erhaltung der bestehenden Bildungsgänge wurden nachfolgend aufgeführte vier Szenarien in untersucht:

 

Szenario 1:    Verklappung von Klassen und Bildungsgängen am jeweiligen Standort

            Beispiele:       

            - Verklappung Fachverkäufer/-innen im Fleischer und Bäckerhandwerk

            - Verklappung Industriemechaniker/-in u. Technischer Produktionsdesigner/-in

            - Hauswirtschafter/-in und Koch/Köchin

            - Jahrgangsübergreifende Verklappung bei Malern und Lackierern

 

 

Szenario 2:    Überörtliche Zusammenlegung von Bildungsgängen unter Beibehaltung der Grundstruktur der drei Schulstandorte

            Beispiele:

-       Büromanagement (MGH, TBB)

-       Industriemechaniker (MGH, TBB, WTH)

 

Szenario 3:    Grundsätzliche standortübergreifende Neustrukturierung der Schulen

-       Verlagerung der Schule für Ernährung, Pflege und Erziehung von

      Bad Mergentheim nach Tauberbischofsheim

-       Bildungsgänge der Gewerblichen Schule Tauberbischofsheim werden verteilt auf die Gewerblichen Schulen in Bad Mergentheim und Wertheim

 

Szenario 4:    Grundsätzliche standortübergreifende Neustrukturierung der Schulen und Aufbau eines Gewerblichen Kompetenzzentrums in Bad Mergentheim

-       inkludiert Szenario 3

-       Einrichtung eines gewerblich-technischen Zentrums in Bad Mergentheim mit Verlagerung von Tauberbischofsheim und Wertheim

 

Die genannten Szenarien wurden mit

 

·        den Schulleitungen der Beruflichen Schulen,

·        der Industrie- und Handelskammer,

·        der Handwerkskammer,

·        der Kreishandwerkerschaft,

·        den Belegenheitsgemeinden sowie

·        mit einzelnen Unternehmen in mehreren Expertengesprächsrunden

 

erörtert und beurteilt.

 

Bei den Expertengesprächen spielten die Schülerströme und die stets gewünschten kurzen Wege zwischen Wohnort, Schulort und Ausbildungsort eine entscheidende Rolle. Dieses Beziehungsgeflecht ist im Main-Tauber-Kreis als Flächenlandkreis von besonders hoher Bedeutung. Zu lange Schul- oder Ausbildungswege werden abgelehnt und führen auch zu Änderungen bei der Berufswahl.

C.     Schülerströme zwischen Wohnort und Schulort

 

Die Schülerströme zwischen Wohnort und Schulstandort wurden zusammenfassend mit folgenden Ergebnissen untersucht.

 

Berufliche Schule für Ernährung, Pflege und Erziehung:

·           22,3 % der Schüler/-innen der Beruflichen Schule für Ernährung, Pflege und Erziehung wohnen im Einzugsbereich (einschl. Lauda-Königshofen) der Beruflichen Schulen Tauberbischofsheim, 6,7 % der Schüler/innen wohnen im Einzugsbereich des Beruflichen Schulzentrums Wertheim.

 

Gewerbliche Schule Tauberbischofsheim

·         19,7 % der Schüler/-innen wohnen im Einzugsbereich der Beruflichen Schulen Bad Mergentheim und 14,9 % der Schüler/innen wohnen im Einzugsbereich des Beruflichen Schulzentrums Wertheim.

 

Berufliches Schulzentrum Wertheim

·           3 % der Schüler/-innen wohnen im Einzugsbereich (einschl. Lauda-Königshofen) der Beruflichen Schulen Tauberbischofsheim und im Einzugsbereich der Beruflichen Schulen Bad Mergentheim wohnen keine Schüler/innen.

 

In Bezug auf die Lage der Wohnorte der Schüler/-innen zur derzeit besuchten Beruflichen Schule bleibt festzuhalten, dass

 

Ø  20 bis 45 % der Schüler innerhalb der Stadt (mit Stadtteilen) des jeweiligen Schulstandortes wohnen (Schulort und Wohnort sind identisch) und

Ø  66 bis 97 % der Schüler geographisch näher zum bestehenden Schulstandort als zu anderen möglichen Schulstandorten wohnen (Schulort liegt nahe zum Wohnort).

 

 

D.     Ergebnisse auf Grund der Pendlerbewegungen und Expertengespräche

 

Ø  Szenario 1 (Verklappung von Klassen und Bildungsgängen am jeweiligen

Standort) wird von allen Beteiligten vorbehaltlos unterstützt.

 

Ø  Szenario 2 (Überörtliche Zusammenlegung von Bildungsgängen unter Beibehaltung der Grundstruktur der drei Schulstandorte) wird seitens der Handwerkskammer bzw. Industrie- und Handelskammer nur unter dem Vorbehalt der Einzelfallprüfung als Lösung gesehen. Bei den Schulleitungen, den Belegenheitsgemeinden sowie den Unternehmen und Innungen liegt hierzu kein Einvernehmen vor.

 

Ø  Szenario 3 (Grundsätzliche standortübergreifende Neustrukturierung der Schulen)

und Szenario 4 (Grundsätzliche standortübergreifende Neustrukturierung der Schulen und Aufbau eines Gewerblichen Kompetenzzentrums in Bad Mergentheim)

werden von allen Beteiligten einheitlich abgelehnt. Die Einschnitte in die Strukturen und die Folgen daraus sind zu gravierend.

 

Hinweis:

Parallel zu den Expertengesprächen hat die Landkreisverwaltung gemeinsam mit den Schulen, Kammern und Unternehmen Maßnahmen zur Sicherung des Lehrangebotes durchgeführt. Die Maßnahmen sind in der Anlage 1 festgehalten.

 

 

E.     Gesamtergebnis und Leitlinie:

 

Ø  Die drei Schulstandorte mit den fünf Schulen und dem schulartübergreifenden Berufsschulzentrum Wertheim bleiben erhalten.

Ø  Der Investitionsbedarf für Gebäude und Schulausstattung wird anerkannt.

Ø  Bildungsangebote bleiben langfristig durch Verklappung erhalten.

Ø  Die Lehrangebote werden analog der Marktentwicklung fortgeschrieben (z. B. Profil Technik und Management oder Kaufleute E-Commerce).

 

Die oben genannten Ergebnisse bilden die Grundlage für die Weiterentwicklung der Beruflichen Schulen im Main-Tauber-Kreis und stellen sogleich die Leitlinie für die künftige Schulpolitik dar.

 

 

 

 

Anlage 1  Ergänzende Maßnahmen

Anlage 2  Planskizzen