Betreff
Implementierung einer interdisziplinären Frühförderstelle in Trägerschaft der Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim gGmbH im Main-Tauber-Kreis
Vorlage
S/109/2020
Aktenzeichen
430.128
Art
Sitzungsvorlage S

Beschlussantrag:

  1. Im Main-Tauber-Kreis besteht Bedarf an der Schaffung einer Interdisziplinären Frühförderstelle (IFF). Dort werden familien- und wohnortnahe Komplexleistungen zur Früherkennung, Behandlung und Förderung von behinderten oder von einer Behinderung bedrohten Kindern ab Geburt bis zum Schuleintritt erbracht.
  2. Mit der Implementierung einer IFF beim Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim kann die bedarfsgerechte Versorgung für betroffene Familien und Kinder im Vorschulalter im Landkreis gewährleistet werden.
  3. Die Landkreisverwaltung schließt auf der Grundlage der Landesrahmenvereinbarung Frühförderung und der dazu vereinbarten Preisvereinbarung einen IFF-Vertrag zu Leistungen und Vergütungen mit dem Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim ab.

 

1. Sachverhalt:

1. Ausgangslage und Allgemeines:

Die Frühförderungsverordnung (FrühV) des Bundes sowie die Landesrahmenvereinbarung zur Umsetzung der Frühförderungsverordnung (LRV IFF) bilden neben den §§ 46 und 79 SGB IX den Regelungsrahmen für Interdisziplinäre Frühförderstellen (IFF) in Baden-Württemberg.

Nach der FrühV sind IFF familien- und wohnortnahe Dienste und Einrichtungen, die der Früherkennung, Behandlung und Förderung von Kindern dienen, um in interdisziplinärer Zusammenarbeit von qualifizierten medizinisch-therapeutischen und pädagogischen Fachkräften eine drohende oder bereits eingetretene Behinderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und die Behinderung durch gezielte Förder- und Behandlungsmaßnahmen auszugleichen oder zu mildern.

Diese Komplexleistungen werden in der Regel in ambulanter, einschließlich mobiler Form erbracht. Sie umfassen neben heilpädagogischen Leistungen therapeutische Leistungen der Ergo-, Physio- und / oder Logopädie in abgestimmter Form. Hinzu kommen die Beratung, Unterstützung und Begleitung der Eltern sowohl als medizinisch-therapeutische Leistung als auch als offenes niedrigschwelliges pädagogisches Beratungsangebot für Eltern, die ein Entwicklungsrisiko bei ihrem Kind vermuten.

 

Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgaben und Intentionen sind in ganz Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren viele Interdisziplinäre Frühförderstellen (IFF) entstanden, siehe Übersichtskarte (Anlage 1).

Trotz intensiver Bemühungen und Gesprächen in den vergangenen Jahren war es bislang nicht gelungen, im Main-Tauber-Kreis, als einem der letzten Kreise in Baden-Württemberg ohne IFF, eine IFF zu implementieren.

 

Bislang werden Eltern aus dem Main-Tauber-Kreis, die einen entsprechenden Bedarf haben, entweder an IFF in den benachbarten Kreisen verwiesen oder müssen sich einzelne therapeutische sowie auch heilpädagogische Unterstützungsleistungen bei unterschiedlichen Therapeuten und Heilpädagogen selbst suchen, ohne dass es ein abgestimmtes Förder- und Behandlungskonzept gibt.

 

2. Lösungsansatz:

Nun zeichnen sich positive Entwicklungen ab. Anfang 2020 konnte in Gesprächen mit den Vertretern der Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim gGmbH ein Lösungsansatz entwickelt werden, der am Standort des Caritas-Krankenhauses geeignete Räumlichkeiten für eine IFF vorsieht. Gleichzeitig hat sich die Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim gGmbH bereit erklärt, die Trägerschaft für die IFF zu übernehmen und ab 2021 mit dem Betrieb zu beginnen. Eine Beschlussfassung ist in der Gesellschafterversammlung im Dezember vorgesehen. Das Konzept ist der Präsentation des Caritas-Krankenhauses zu entnehmen (Anlage 2).

Der Standort des Caritas-Krankenhauses Bad Mergentheim mit seinen Fachabteilungen Kindermedizin, Gynäkologie & Geburtshilfe sowie den medizinisch therapeutischen Abteilungen mit Logopädie und Ergotherapie sind bei den Eltern und Familien bekannt und bieten bereits entsprechende Infrastruktur und Erfahrungen, die für den Betrieb einer IFF wichtig sind.

Entsprechend befürwortet die Verwaltung die beabsichtigte Schaffung der IFF durch bzw. beim Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim. 

 

3. Finanzierung einer IFF sowie der Komplexleistungen:

a) Anlaufphase: Für die Vorbereitung und Implementierung einer IFF sowie die Anlaufphase sind Kosten verbunden, denen zunächst keine bzw. dann geringe Erträge für die medizinisch-therapeutischen und pädagogischen Leistungen gegenüberstehen. Die Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim gGmbH wird deshalb einen Antrag auf finanzielle Förderung der Anlaufkosten durch die Aktion Mensch stellen.

Es wird davon ausgegangen, dass ein positives Fördervotum erteilt wird und es damit, gerade in der ersten Anlaufphase bis zu 5 Jahren, zu einer Abfederung der Anlaufkosten kommen wird.

Damit ist eine finanzielle Förderung der Anlaufphase durch die Landkreisverwaltung nicht erforderlich.

b) Betrieb und interdisziplinäre Zusammenarbeit: Für den Aufbau, den Ausbau und den Erhalt von interdisziplinären Frühförderstellen regelt die „Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Soziales und Integration für die Förderung von interdisziplinären Frühförderstellen – VwV-IFF“ die Landesförderung von Personalkosten bei fest bei den IFF angestellten Fachkräften.

Für eine IFF im Main-Tauber-Kreis kann demnach mit bis zu 34.000 Euro für insgesamt 2,0 Fachkräfte gerechnet werden.

Fördervoraussetzung ist unter anderem die Vorlage einer schriftlichen Bestätigung des Kreises über die Notwendigkeit der Einrichtung aus sozialplanerischer Sicht.

Diese Bestätigung soll für eine Antragstellung im Jahr 2021 ausgestellt werden.

 

c) Komplexleistungen in Form von medizinisch-therapeutischen Leistungen und heilpädagogischen Leistungen:

Bezüglich der einzelnen in der IFF erbrachten Leistungen wird der überwiegende Teil, die medizinisch-therapeutischen Leistungen (= Ergo-, Logo- und Physiotherapie) durch die Krankenkassen finanziert.

Die heilpädagogischen Leistungen als Teil der Komplexleistungen sind grundsätzlich durch den Landkreis als Träger der Eingliederungshilfe zu finanzieren.

Die Vergütungen sind in der jeweils gültigen Preisvereinbarung zur LRV IFF festgelegt, die regelmäßig fortgeschrieben wird.

Danach werden die heilpädagogischen Leistungen aktuell 2020 wie folgt vergütet:

Leistung

Leistungssatz Anlage 7 FrühV – 2020

Erstgespräch (2-4 Betreuungseinheiten)

73,77 €

Förder- und Behandlungsleistung einzeln – Heilpädagogik / psychologische Leistung

53,20 €

Förder- und Behandlungsleistung Gruppe (je Kind) – Heilpädagogik / psychologische Leistung

25,10 €

Mobile Förder- und Behandlungsleistung einzeln – Heilpädagogik / psychologische Leistung

66,20 €

Teamgespräch (je Kind je Therapeutin je Monat) Heilpädagogik / psychologische Leistung

8,73 €

 

Die konkrete Bewilligung von heilpädagogischen Leistungen im Einzelfall kann nur erfolgen, wenn eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer besteht. Deshalb soll ein IFF-Vertrag mit dem Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim abgeschlossen werden.

3. Finanzielle Auswirkungen

Der Main-Tauber-Kreis ist zuständiger Kosten- bzw. Leistungsträger für die heilpädagogischen Leistungen der Interdisziplinären Frühförderstellen für Kinder und Familien, die im Landkreis wohnen. Leistungen der Frühförderung bzw. Heilpädagogische Leistungen für Kinder im Vorschulalter sind deshalb auch bislang schon im Haushaltsplan des Landkreises vorgesehen.

Durch die Einrichtung einer IFF im Main-Tauber-Kreis wird es voraussichtlich nach und nach zu einer höheren Inanspruchnahme kommen, weil die bislang nicht versorgten Familien diese Leistung nachfragen werden. 

 

 

Verfasser/-in: Jürgen Gotthard / Elisabeth Krug

Bereich/Amt: Dezernat für Jugend, Soziales und Gesundheit / Amt für Soziale Sicherung, Teilhabe und Integration

Dezernatsleitung: Elisabeth Krug

Anlagen 2