Beschlussantrag:
1.
Der
Jugendhilfeausschuss stimmt den von den kommunalen Spitzenverbänden und dem
Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg vorgeschlagenen, auf
der Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
basierenden Anpassung der Leistungen zum Unterhalt (Pflegegeld) für Kinder und
Jugendliche in Vollzeitpflege zu.
2.
Der
Jugendhilfeausschuss stimmt der von der Verwaltung vorgeschlagenen Erhöhung des
Pflegegeldes in der Bereitschaftspflege zu.
3.
Die
Anpassung des Vollzeitpflegegeldes und des Bereitschaftspflegegeldes erfolgt
zum 01.01.2023.
1. Sachverhalt
(Siehe Drucksache JHA/108/2021, Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 16.11.2022)
1.1. Anpassung der Leistungen zum Unterhalt (Pflegegeld) für junge Menschen in
der Vollzeitpflege
Das
Jugendamt gewährt als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe
Erziehungshilfe in Form der Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII, wenn der Einzelfallbedarf nicht durch eine ambulante oder
teilstationäre Unterstützung abgedeckt werden kann. Um den notwendigen erzieherischen Bedarf von Kindern und Jugendlichen
zu decken und ihr Wohl außerhalb der Familie sicherzustellen, werden sie in
überprüften und geeigneten Vollzeitpflegefamilien untergebracht.
Die Aufnahme
des Pflegekindes erfolgt durch die Pflegefamilien in jeder Hinsicht freiwillig.
Das Pflegeverhältnis wird schrittweise angebahnt, ist meist auf einen längeren
Zeitraum angelegt und zwischen dem Jugendamt und der Pflegefamilie wird eine
schriftliche Pflegevereinbarung getroffen.
Wird
Vollzeitpflege gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder
Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten
für den Sachaufwand sowie die Pflege und Erziehung des jungen Menschen.
Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf durch eine
Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Insofern
unterliegt das Pflegegeld in der Vollzeitpflege wie bisher einer Dynamisierung.
Der Kommunalverband
für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) empfiehlt den örtlichen
Trägern der Jugendhilfe gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden,
zum 01.01.2023 eine Anpassung der Pflegegelder in der Vollzeitpflege
vorzunehmen (siehe Anlage 1).
Der
Fortschreibung des Vollzeitpflegegeldes liegt die Grundsatzempfehlung der
kommunalen Spitzenverbände und des KVJS aus dem Jahr 2009 zugrunde, sich bei
der Bemessung des Vollzeitpflegegeldes regelmäßig an den Empfehlungen des
Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu orientieren. Für
diese grundsätzliche Vorgehensweise sprach sich auch der Jugendhilfeausschuss
des Main-Tauber-Kreises in seiner Sitzung am 14.07.2009 aus.
Die
Umsetzung dieser Empfehlung für Baden-Württemberg, die die Entwicklung der
allgemeinen Verbraucherpreise, die speziellen Konsumausgaben für Kinder und
Jugendliche je nach Altersgruppe sowie die veränderten Kosten der Pflege und
Erziehung berücksichtigt, führt ab 01.01.2023
zu folgenden Pflegegeldsätzen in der Vollzeitpflege (kursiv: bisheriges
Pflegegeld):
Altersstufe |
Kosten für den Sachaufwand (Grundbedarfssatz) |
Kosten der Pflege und Erziehung (Kosten der Erziehung) |
Pflegegeld |
Bis zur Vollendung des 6.
Lebensjahres |
639 Euro (585
Euro) |
312 Euro (289
Euro) |
951 Euro (874
Euro) |
Vom 7. bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres |
783 Euro (692
Euro) |
312 Euro (289
Euro) |
1.095 Euro (981
Euro) |
Ab Beginn des 13. Lebensjahres |
919 Euro (787
Euro) |
312 Euro (289
Euro) |
1.231 Euro (1.076
Euro) |
Die
Empfehlung des Deutschen Vereins basiert auf einer aktuellen Sonderauswertung
der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS). Auf der Basis der
Sonderauswertung aus 2021 sowie unter Berücksichtigung einer Erhöhung der
Verbraucherpreise um 12,9 Prozent gegenüber der EVS 2018 ergibt sich eine
erhebliche Erhöhung der Kosten für den Sachaufwand. Angesichts der gestiegenen
Verbraucherpreise ergeben sich auch geänderte Werte der Kosten der Pflege und
Erziehung.
Darüber
hinaus wird weiterhin empfohlen, Vollzeitpflegeeltern den Beitrag zur
gesetzlichen Unfallversicherung für versicherungspflichtige Pflegepersonen
zu erstatten. Dieser Jahresbeitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung für
Pflegevater und Pflegemutter steigt gegenüber dem Vorjahr von 175,78 Euro auf
182,53 Euro.
Unverändert
fortgeschrieben wird der Beitrag zur Unterstützung der Alterssicherung der
Pflegepersonen in Höhe von 42,53 Euro pro Monat.
1.2. Anpassung der Leistungen zum Unterhalt (Pflegegeld) für junge Menschen in
der Bereitschaftspflege
Zusätzlich zur geplanten und auf Antrag der Sorgeberechtigten gewährten Vollzeitpflege benötigt das Jugendamt auch weiterhin als Handlungsoption die Unterbringungsmöglichkeit von Kindern in Bereitschaftspflegefamilien, um deren Schutz in akuten Krisensituationen sicherzustellen. In der Regel handelt es sich hier um Inobhutnahmen gem. § 42 SGB VIII, die kurzfristig notwendig werden, um Säuglingen und Kleinkindern in konkreten Gefährdungssituationen einen familiären Betreuungsrahmen zu bieten.
Die Unterbringung in einer Bereitschaftspflege unterscheidet sich daher vor allem darin, dass die Pflegefamilien nicht zeitig vor der Unterbringung angesprochen und das Kind in einem abgestimmten Verfahren ausgewählt und aufgenommen wird. Die Aufnahme erfolgt für die Pflegefamilie vielmehr „von jetzt auf gleich“.
Die Verwaltung hat derzeit mit aktuell insgesamt 11 Bereitschaftspflegefamilien, die sich dieser besonders verantwortungsvollen Aufgabe stellen, schriftliche Vereinbarungen abgeschlossen, in denen ihre Aufgabe konkreter beschrieben ist.
Die Bereitschaftspflege ist damit keine „Leistung“ nach dem SGB VIII, sondern gehört zu den hoheitlichen „anderen Aufgaben“. Als Folge daraus wird die Höhe des Pflegegeldes für die Bereitschaftspflege nicht durch landesweite Empfehlungen festgelegt, sondern obliegt der Entscheidung des örtlichen öffentlichen Jugendhilfeträgers.
Das Bereitschaftspflegegeld wurde durch Beschluss des Jugendhilfeausschusses zum 01.01.2022 auf 60 Euro je Belegungstag der Bereitschaftspflegefamilie festgelegt.
Darüber hinaus soll für die Zukunft eine Dynamisierung des Entgeltes vorgenommen werden beispielsweise im Umfang der prozentualen Anpassung im Umfang des unter 1.1 geregelten Vollzeitpflegegeldes.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bereitschaftspflegefamilien
in aller Regel nur für die Aufnahme von Kindern der unteren beiden
Altersgruppen, also der 0 bis 12-Jährigen in Frage kommen. Die Verwaltung
schlägt daher vor, das Bereitschaftspflegegeld im Umfang der durchschnittlichen
Steigerung dieser Vollzeitpflegegelder anzuheben, was eine Anhebung um 10,3
Prozent bzw. 6,18 Euro ausmacht. Das Entgelt pro Belegungstag sollte
schlussendlich auf gerundete 66 Euro für den Zeitraum ab 01.01.2023
angepasst werden.
3.
Finanzielle Auswirkungen
Die Mehraufwendungen der vorgeschlagenen Anpassung des Pflegegeldes in der Vollzeitpflege betragen auf der Grundlage der aktuellen Fallzahlen für 2023 117.200 Euro.
Der Mehraufwand für die Bereitschaftspflege schlägt auf Basis der durchschnittlichen jährlichen Belegungstage von Bereitschaftspflegefamilien mit 9.700 Euro zu Buche.
Die Mehraufwendungen sind in der Haushaltsplanung 2023 berücksichtigt.
Verfasser/-in: Martin Frankenstein
Bereich/Amt: Dezernat für Jugend, Soziales und Gesundheit / Jugendamt
Dezernatsleitung: Elisabeth Krug
Anlage: 1