Betreff
Rückblick auf die Kinder- und Jugendhilfe 2023 - Ausblick 2024
Vorlage
JHA/149/2024
Aktenzeichen
416.334
Art
Sitzungsvorlage JHA

Beschlussantrag:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht über die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe im Jahr 2023 und den Ausblick auf das Jahr 2024 zur Kenntnis.

 

1. Sachverhalt

Die Verwaltung war im Jahr 2023 in besonderer Weise gefordert, ihre vielfältigen Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe qualifiziert zu erfüllen. Es galt, jungen Menschen und ihren Familien bei veränderten Rahmenbedingungen weiterhin die erforderlichen Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen. Dabei sind die Bedarfe wirtschaftlicher und pädagogischer Hilfeleistungen gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Mehr denn je war dabei eine effiziente Kooperation mit den freien Trägern der Jugendhilfe und weiteren Kooperationspartnern unabdingbar.

 

Nach einer gewissen Konsolidierung der wirtschaftlichen Hilfen des Jugendamtes für Familien hat sich die Inanspruchnahme im Jahr 2023 deutlich erhöht.

 

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, wurde die Förderung der Kindertagesbetreuung häufiger in Anspruch genommen. Es stieg sowohl die Anzahl der geförderten Kindertagespflegeverhältnisse, als auch der Kinder, deren Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung durch das Jugendamt finanziert werden musste.

 

Ebenso wurden Unterhaltsvorschussleistungen vermehrt in Anspruch genommen, was den im „Familienbericht“ des Jugendamtes als auch in der überörtlichen Berichterstattung des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg dokumentierten hohen Unterstützungsbedarf Alleinerziehender belegt.

 

Bei der Inanspruchnahme der Individuellen Hilfen für junge Menschen und ihrer Familien in ambulanter, teilstationärer und stationärer Form zeigte sich im vergangenen Jahr eine heterogene Entwicklung. Auch hier sind die Fallzahlen insgesamt gestiegen.

 

Augenfällig ist dabei die Zunahme der psychischen Störungen und in der Folge der Anstieg ambulanter Hilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche. In der Rückschau ist festzustellen, dass während der Coronapandemie tendenziell stagnierende oder sogar zurückgehende Einzelfallhilfen nach Rückkehr des familiären Alltags umso häufiger erforderlich wurden. Den pandemiebedingten „Rückzug ins Private“ haben Familien sehr unterschiedlich verkraftet. Kindern aus ohnehin belasteten Elternhäusern gelang insbesondere die Rückkehr in den wieder stärker fordernden Schulalltag weniger gut und nicht selten wuchsen die innerfamiliären Konflikte so weit auf, dass aus Kinderschutzgründen auch kostenintensive Heimunterbringungen erforderlich wurden.

 

In Bezug auf die individuellen Hilfen muss auch die seit 2022 wieder einsetzende und im vergangenen Jahr regelmäßige Zuweisung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) berücksichtigt werden. Diese Minderjährigen sind jeweils in Wohngruppen der freien Jugendhilfeträger unterzubringen, mindestens mussten sie aber im Rahmen des betreuten Jugendwohnens versorgt werden. Daneben wurde das Jugendamt regelmäßig zum Vormund für sie bestellt und hatte die meist männlichen Jugendlichen damit auch privatrechtlich und voll umfänglich zu vertreten.

 

Nachdem sich die Verwaltung bei der Heimplatzsuche für Kinder und Jugendliche ohnehin schon in einer Mangelverwaltung befand und sich sowohl regional als auch überregional eine massive Unterversorgung entwickelte, entschloss sich der Landkreis – nachdem die rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür eröffnet worden sind – im vergangenen Geschäftsjahr, selbst Immobilien zur Unterbringung von UMA anzumieten.

 

Stark in Anspruch genommen war die Verwaltung im vergangenen Jahr ebenso bei der Mitwirkung in Verfahren bei den Jugend- und Familiengerichten. So hatte die Jugendgerichtshilfe in 2023 gewisse Nachholeffekte nach der Coronapandemie zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der Straftaten und Verfahren im öffentlichen Raum nahm wieder zu und die Sozialen Dienste im Jugendamt mussten deutlich häufiger in den anschließenden Strafverfahren mitwirken. Die oben angedeuteten familiären Situationen führten zu einem Anstieg der Kinderschutzmeldungen beim Jugendamt und in der Folge zu häufigeren Verfahren vor dem Familiengericht. Das Jugendamt musste im vergangenen Jahr deutlich häufiger initiativ werden und bei den zuständigen Familiengerichten der Amtsgerichte in Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim eine Überprüfung der elterlichen Sorge anregen.

 

Vor diesem Hintergrund kommt den präventiven Angeboten der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit im Main-Tauber-Kreis eine besondere Bedeutung zu. Der Landkreis fördert die Schulsozialarbeit sowie die offene und verbandliche Jugendarbeit in den Kommunen seit dem Jahr 2023 in besonderer Weise. Ziel ist es, durch diese Angebote frühzeitig negative Entwicklungen von Kindern und Jugendlichen zu vermeiden und gemeinsam mit den Elternhäusern dafür zu sorgen, dass kostenintensive Einzelhilfen erst gar nicht notwendig werden.

 

Die Erfüllung der beschriebenen Aufgaben findet beim Jugendamt und den kooperierenden freien Trägern der Jugendhilfe vor dem Hintergrund eines zunehmenden Fachkräftemangels statt. So gelang es im vergangenen Geschäftsjahr in der Verwaltung nicht mehr durchgängig, die notwendigen Personalstellen zeitnah zu besetzen bzw. nachzubesetzen. Umso wichtiger wird es zukünftig für öffentliche und freie Jugendhilfeträger sein, weiterhin familienfreundliche Arbeitszeitmodelle und die digitale Arbeitsplatzgestaltung sinnvoll mit den erforderlichen Geschäftsabläufen zu verbinden.

 

Die Verwaltung wird in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses detaillierter über das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 berichten und einen Ausblick auf die Aufgaben in 2024 geben.

 

3. Finanzielle Auswirkungen

Keine.

 

 

Verfasser/-in: Martin Frankenstein

Bereich/Amt: Dezernat für Jugend, Soziales und Gesundheit / Jugendamt

Dezernatsleitung: Elisabeth Krug